DARUM NEIN ZUM ÄGERI-TUNNEL AM 03.03.2024
Unterägeris Wahrzeichen würde zerstört

Die landschaftlich schönste Stelle von Unterägeri, der Beginn des Ägerisees, wird mit dem Bau des Tunnels unwiderbringlich verschandelt. Rege genutzte kulturelle und soziale Treffpunkte aller Altersgruppen, verlieren massiv an Attraktivität.

Der Beginn des Seebeckens mit dem Spingbrunnen und der Schiffanlegestelle ist das Wahrzeichen Unterägeris. Beim Eingang Ost des geplanten Tunnels und weiter in Richtung Oberägeri leben Menschen und geniessen den Zugang zum See. Auch zahlreiche Besucherinnen und Besucher von nah und fern suchen hier Erholung. Das «Haus am See» und die neue «Buvette» sind rege genutzte kulturelle und soziale Treffpunkte. Nicht nur Erholungssuchende, sondern auch die Bewohnerinnen und Bewohner im Bereich des Eingangsportals und der alten Landstrasse sind betroffen: Immissionen wie Abgase und Lärm werden deutlich zunehmen, zudem wird der Zugang zum See erschwert. Der Parkplatz für Besuche würde aufgehoben. Auch das Theresianum, das ehemals zu Kinderheilstätte gehörte, ein kulturhistorisches Relikt aus den früheren Zeiten des Ägeritals, müsste abgerissen werden.
Wer Strassen säht, erntet Verkehr

Der Tunnel macht die Durchfahrt durchs Ägerital für die umliegenden Regionen attraktiver. Er generiert Mehrverkehr. Dieses voraussehbare Verkehrswachstum muss verhindert werden.

Der motorisierte Individualverkehr MIV im Ägerital hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Das zeigt sich unter anderem an der Zahl der Autos. In Unterägeri nahm sie in den letzten zwölf Jahren um 24 Prozent, in Oberägeri um 32 Prozent zu. Forschung und Praxis aus Jahrzehnten zeigen auf, dass mit dem Ausbau der Strassen die Attraktivität dieser Strecken vergrössert wird. Verkehr verhält sich wie Wasser, er sucht sich den kürzesten Weg von A nach B.
Das Phänomen heisst in der Fachsprache «induzierter Verkehr». Die Grundlage dazu ist meistens, dass die Menschen über ein konstantes «Reisezeitbudget» verfügen, also bereit sind, pro Tag eine gewisse Zeit für Ihre Mobilität aufzuwenden. Dieses Budget bleibt über die Zeit relativ konstant. Verkürzen sich also die Reisezeiten, verändert sich das Mobilitätsverhalten mittel- und langfristig dahingehend, dass sich die Distanzen verlängern, etwa durch neue Arbeits- und Wohnorte oder durch neue Freizeitaktivitäten etc. Werden die Kapazitäten ausgebaut sind die Leute nicht weniger lange unterwegs, sondern einfach auf weiteren Distanzen in gleicher Zeit. Für das Ägerital bedeutet die Umfahrung, dass die Strecke für Pendlerinnen und Pendler von nah und fern attraktiver wird, beispielsweise aus dem Raum Einsiedeln. Diese sollten mit anderen, attraktiven öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden
Dieses Wachstum muss mit geeigneten Massnahmen – ohne Tunnel – gebremst werden.
Die Planung des Tunnels ist unseriös

Üblicherweise werden für ein Vorhaben dieser Grössenordnung umfangreiche Abklärungen über Kosten, Nutzen und Varianten vorgenommen. Im konkreten Fall fehlen sogar aktuelle Zahlen über den internen, «hausgemachten» Verkehr in Unterägeri. Es wurden auch keine Alternativen zum Tunnel aufgezeigt. Dieses Vorgehen ist unseriös.

Jedes öffentliche Vorhaben wird normalerweise seriös erarbeitet. Es werden verschiedene Lösungsvarianten angeschaut. Kosten und Nutzen müssen ermittelt werden. Das kann auch bedeuten, Gutachten von Fachleuten einzuholen. Der Kanton Luzern hat dies getan und beispielsweise die Umfahrung Wolhusen 2023 mittels Zweckmässigkeitsbeurteilung ZMB beurteilen lassen. Dabei werden alle denkbaren Lösungen für eine Problematik geprüft. Die zuständigen Expertinnen schauen nicht nur den Verkehr an, sondern auch die Auswirkungen einer Massnahme auf die Umwelt sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte. Im Falle Unterägeri existiert eine solche Grundlagenerhebung nicht. Es sind nicht mal aktuelle Zahlen vorhanden über den «hausgemachten» und überregionalen Verkehr. Die Zahlen, welche das Baudepartement des Kantons Zug publizierte – eine Reduktion des Verkehrs im Zentrum von Unterägeri um 75 Prozent – sind geschätzte Annahmen ohne statistische Grundlagen mittels Verkehrszählung im Dorf selber. Damit ist die Vorlage eine Mogelpackung und täuscht die Bevölkerung.
Günstigere Alternativen wurden nicht geprüft

Zuerst der teure Tunnel, dann die günstigen Alternativen?
Es gilt offenbar das Motto: Wir bauen mal den Tunnel, dann denken wir über verkehrsberuhigende Massnahmen in Unterägeri nach. Welch' sonderbare Denkweise!

Zu den fehlenden Grundlagen gehört, dass erst nach der Erstellung dieses Bauwerkes verkehrsberuhigende Massnahmen im Dorf erarbeitet werden. Dies im Bewusstsein, dass zum Beispiel 30-er-Zonen oder Unleitungen, welche hierfür nötig sind, bei der Bevölkerung unbeliebt sind. Damit wird eine wirksame Verkehrsberuhigung auf die lange Bank geschoben. Wenn die Exekutive von Unterägeri möchte, könnte sie bereits heute und jetzt mit einer Beruhigung des Verkehrs starten um die Situation zu entschärfen.
Nur Nachteile, auch für Oberägeri

Der Tunnel wird Mehrverkehr ins Ägerital bringen. Der gesamte Verkehr aus allen Richtungen wälzt sich dann durchs Dorf Oberägeri und seine Weiler Alosen und Morgarten – mit entsprechenden Folgen.

Unterägeri begrüsst beinahe euphorisch den Umfahrungstunnel und verspricht sich die Lösung seiner Verkehrsprobleme. Für die Gemeinde Oberägeri wird das Vorhaben praktisch nur negative Auswirkungen haben. Die Attraktivität für den motorisierten Pendlerverkehr nimmt zu, auch wenn der Zeitgewinn für die Fahrt nach Zug lediglich im einstelligen Minutenbereich liegt. Auch das Pendeln aus der Region Schwyz und Einsiedeln wird attraktiver. Bereits heute ist eine Zunahme des Lastwagenverkehrs über den Raten von Pfäffikon her zu beobachten. Sogar der Gemeindepräsident rechnet gemäss Zuger Zeitung vom 8. November 2023 mit einer Zunahme des Verkehrs. Für die Bewohnerinnen und Bewohner der Hauptachsen, auch in Alosen und Morgarten, bedeutet dies eine wesentliche Verschlechterung ihrer Wohnsituation. Der Mehrverkehr vermindert zudem die Sicherheit für Fussgängerinnen und Fussgänger, auch diejenige für die Kinder und Jugendlichen. Die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs nimmt ab, es ist scheinbar einfacher mit dem Auto nach Zug zu fahren.
Alles in allem: Ausser Spesen und Emissionen nix gewesen.
Extrem hohe Belastung durch den Schwerverkehr

Während rund drei Jahren soll gebaut werden. Das bringt dem Ägerital viel Mehrverkehr mit entsprechenden Folgen. Aushub wird abgeführt, Baumaterial zu den Baustellen hin transportiert. Das sind Tausende von Lastwagenfahrten zusätzlich und verursachen entsprechende Emissionen.

Beide Dörfer, Unterägeri mit Neuägeri, Oberägeri mit Alosen und Morgarten, müssen mit viel zusätzlichem Bau-Verkehr rechnen. Rund 214 000 Kubikmeter Aushub müssen abtransportiert werden. Dazu kommen Hunderte von Tonnen Beton, welche verbaut werden. Dies alles erzeugt Hunderte von Tonnen CO2 und lässt sich mit den schweizerischen Klimazielen – netto Null bis 2050 – nicht vereinbaren. Im Portalbereich Ost ist zudem eine Lichtsignalanlage geplant. Dadurch ist mit Rückstaus bis nach Mittenägeri zu rechnen.
Geld verschwenden anstatt es sinnvoll zu verwenden ?

Es ist erstaunlich: In vielen, insbesondere im sozialen Bereich, wird jeder Rappen hinterfragt. Beim Tunnel richtet der Kanton mit der grossen Kelle an. Es gäbe sinnvollere Projekte zum Investieren, zum Beispiel moderne, zukunftsweisende Mobilitätsformern, ein zusammenhängendes Velonetz oder preisgünstigen Wohnungsbau.

Die offizielle Webseite der Stadt Zug und der Gemeinde Unterägeri definiert einen Betrag von 308.4 Millionen Franken für den Unterägerer Tunnel. Dazu kommen geschätzte Unterhaltskosten von rund einer Million Franken pro Jahr. Natürlich verursachen auch die Umgestaltung des Dorfkerns Unterägeri und entsprechende Massnahmen in Oberägeri, die sogenannten flankierenden Massnahmen zur Verkehrsberuhigung, hohe Kosten im Millionenbereich, aber im Vergleich zum Bau des Tunnels sind sie sehr gering.
Dazu kommt ein wesentlich grösserer Betrag für den Zuger Tunnel. Es drängt sich die Frage und der Einwand auf, ob diese immense Summe für den Bau beider Tunnel, nicht sinnvoller anderweitig eingesetzt werden kann. Im Kanton Zug herrscht seit Jahren Mangel an preisgünstigem Wohnraum, um ein Beispiel zu nennen.
Auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs kann forciert werden. Konkretes Beispiel: Wieso hapert es mit dem Ausbau der Strecke zwischen Zug und dem Ägerital für den Veloverkehr? Seit rund 20 Jahren spricht man davon, passiert ist wenig, gar nichts auf dem Abschnitt Schmidtli Neuägeri bis Unterägeri.
Fazit

Beide Tunnel, Unterägeri und Zug wurden nicht seriös erarbeitet und geplant, reduzieren den motorisierten Verkehr nicht und verschlingen immense Summen, welche anderweitig besser eingesetzt werden können. Die Projekte sind eine Mogelpackung!  Das Ägerital muss vor Mehrverkehr geschützt werden.

 

STIMMEM SIE NEIN ZUM ÄGERI-TUNNEL AM 03.03.2024